26.06.2009

Der kleine Stier macht Urlaub auf der Alm






Ich bin ein kleiner brauner Stier, der mit seiner Mutter, seinem Vater und vielen anderen Kühen und Kälbchen den Sommer über auf der Matlalm lebt.
Meine Mutter heißt Betra, mein Vater Oskar.
Ich habe noch keine
n Namen. Alle nennen mich "der Kleine" -- das finde ich blöd. Ich möchte wie mein Vater Osk
ar heißen -- vielleicht Oskar 2, damit man uns unterscheiden kann.

Vater und Mutter Michenthaler und ihr Sohn Hannes trieben uns zur Alrm. Der Aufstieg war für mich ganz schön mühsam. Gebo
ren bin ich nämlich auf einem alten Bauernhof im Tal, und die Alm liegt 600m höher oben auf dem Höllenberg.




Die alten Kühe kannten den Weg
und verschwanden schon hinter der nächsten Kehre. Ich blieb weit hinter ihnen zurück.

Aber als ich oben ankam, war meine Freude riesengroß -- saftiges Gras,
Blumen und ab und zu hohe alte Bäume und weit und breit kein Zaun wie im Tal. Das versprach, ein wunderbarer Urlaub zu werden! Alle waren glücklich, und wir Kälber hüpften vor Vergnügen. Hier oben konnten wir uns nach Herzenslust austoben.

Die Alm ist riesengroß und muß Stück für Stück entdeckt werden. Ich beschnüffelte die Blumen. Sie rochen sehr gut. Manche Blumenpolster fühlten sich ganz weich an. Eine Gruppe heißt Katzenpfötchen, so sanft fühlen sie sich auch an -- nur Gott-sein-Dank ohne Krallen. Es macht Spaß, wenn sie mit ihren Samtpfötchen über meine Schnauze fahren.

Bei meiner Entdeckungsreise stieß
ich auf eine Quelle. Das Wass
er floß einfach aus dem Berg heraus und über eine hölzerne Rinne in einen ausgehöhlten Baumstamm. Daraus konnte ich gemütlich trinken, bis die übrige
Herde zur Wasserquelle kam. Die Großen schubsten mich einfach zu zeit. Beleidigt ging ich weg und setzte meine Entdeckungsreise fort.

Plötzlich stand ich vor einem großen braunen Hügel. Neugierig steckte ich meine Schnauze hinein; aber oh Schreck! Ich rettete mich mit einem Seitensprung und rannte so schnell ich konnte zu meiner Mutter. Meine Schnauze schmerzte. Soviel ich auch leckte und prustete, es brannte fürchterlich. Meine Mutter erklärte mir, was geschehen war. Ich hatte meine Schnauze in einem Ameisenhügel gesteckt. Die Ameisen hatten sich gegen den Eindringling gewehrt und sich mit ihrem Gift verteidigt. Meine Mutter erzählte mir, wie gut die Ameisen für den Wald sind.

Das mochte alles stimmen, aber für meine Schnauze waren sie ekelhaft. Ich passe jetzt immer höllisch auf, um nicht wieder diese unliebsame Bekanntschaft zu machen.


Nach einer Weile habe ich gelernt, die Bäume zu unterscheiden; eigentlich ganz einfach, ich kann sie an ihren Nadeln erkennen. Die Lärchennadeln sind hellgrün, klein und ganz weich. Ich gehe besonders gern zwischen einer kleinen Ansammlung von Lärchen hindurch. Mein Fell wird dann von den Ästen gestreichelt. Das ist nicht nur sehr angenehmn, sondern auch nützlich, denn es werden die lästigen Fliegen vertrieben.

Bei meinem Vater habe ich etwas Lustiges beobachtet. Er lief gegen eine kleine Lärche. Der junge Baum bog sich, und Vater strich mit seinem Bauch über die Lärche. "Das ist eine phantastische Bauchmassage", dachte ich und machte es gleich nach. Leider dachte die Lärche nicht daran, sich zu biegen. Ich mußte mir einen kleinen Baum aussuchen und siehe da, es funktionierte. Ich lege mich nach dem Fressen gern unter eine Lärche. Ich kann dann in die Baumkrone schauen und meinen Vogelfreunden zusehen. Sie hängen an den Ästen und pucken die Samen aus den Zapfen. Ich habe auch schon einmal einen Zapfen probiert, verstehe aber nicht, wie man das mögen kann.

Auf der Alm habe ich einen großen alten Lieblingsbaum -- die Zirbe. Sie hat ganz dunkelgrüne lange Nadeln, aber das Schönste für mich ist ihre dicke, grobe Rinde.

Wenn mein Fell ganz doll juckt, kann ich mich an ihrem Stamm wunderbar scheuern. Außerdem ist ihre Krone so dicht, dass ich mich bei Regen unterstellen kann Sie ist sozusagen mein Regenschirm.



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